Fachseite Serielles Bauen
Wir benötigen gezielten Wohnungsneubau – schnell, nachhaltig und bezahlbar. Nur so lässt sich die hohe Nachfrage nach Wohnungen, vor allem in Groß- und Universitätsstädten, bedienen. Als Lösung wird aktuell das Serielle Bauen diskutiert. Daher hat sich der VNW entschlossen, „Serielles Bauen als Beitrag zum bezahlbaren Wohnen“ als Jahresthema des Verbandes 2016/2017 zu bestimmen.
Beim heute diskutierten Ansatz für das Serielle Bauen sollen unbedingt die Fehler der 1970er Jahre mit ihren monotonen Großsiedlungen und den problematischen sozialen Auswirkungen vermieden werden. Trotz typisierter Module soll jedes neue Wohngebäude seinen individuellen Charakter erhalten, der zu den Gegebenheiten vor Ort passt. Der Anspruch an die Qualität ist hoch, Gestaltung und Funktionalität sind gefragt. Die Idee ist, Prototypen zu schaffen, die bundesweit in Serie umgesetzt werden können. Dadurch könnten langwierige Genehmigungsprozesse und hohe Baukosten vermieden werden. Noch stehen diesem Ziel jedoch in vielen Details unterschiedliche Regelungen der Landesbauordnungen im Weg. Eine bundesweite Vereinheitlichung könnte Grundlage für Typengenehmigungen sein und die Chance zur Umsetzung serieller Bauweisen verbessern. Dieser Ansatz sollte deshalb ernsthaft geprüft werden.
Im Verbandsgebiet haben die Schleswig-Holsteiner, allen voran die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen und die Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG, mit dem Kieler Modell bereits in Modulbauweise Wohnraum produziert. Hier wurde ein Gebäudekonzept entwickelt, das die Standards des sozialen Wohnungsbaus erfüllt und zwei Phasen der Nutzung vorsieht: zunächst die Flüchtlingsunterbringung, anschließend Wohnraum für Studenten, Familien oder Senioren. Das Konzept ist leicht adaptierbar: Die Häuser können an örtliche Gegebenheiten angepasst, die zweckmäßige Ausstattung beispielsweise um Balkone und Aufzüge erweitert werden. Das Kieler Modell zeigt, wie sich beim Bau Zeit und Kosten sparen lassen.
Im europäischen Ausland gibt es bereits erfolgreich durchgeführte Pilotprojekte. In Schweden beispielsweise hat der Verband kommunaler Wohnungsunternehmen SABO mithilfe von Projekten in serieller Bauweise den dringend notwendigen Wohnungsneubau angekurbelt und dabei die Baukosten gesenkt. Der GdW hat in einer Umfrage der Mitgliedsunternehmen das Interesse an Typenbau und Typengenehmigungen abgefragt – über 70 Prozent der Befragten sind interessiert. Rund 50 Prozent planen künftig serielle - das heißt industriell vorgefertigte, gleiche Elemente beim Bau einzusetzen. Dies können Raum- oder Gebäudemodule sein zum Beispiel für Bäder oder Aufzüge, vorgefertigte Bauteile wie Treppen oder Außenwände oder auch vollständige Gebäudetypen mit standardisierten Grundrissen, die nur noch in Größe und Materialität der Fassade an den jeweiligen Standort angepasst werden. Serielles Bauen ist folglich keine veraltete Idee aus den 1970er Jahren, sie hat Konjunktur.
Mit dem Verbandsschwerpunkt wollen wir daher dem Thema „Serielles Bauen als Beitrag zum bezahlbaren Wohnen“ angemessenen Raum zur Prüfung und Weiterentwicklung geben. Wir haben dazu das Forschungs- und Beratungsunternehmen Analyse & Konzepte mit einer Marktanalyse beauftragt, werden auf verschiedenen Veranstaltungen Experten hören und in 2017 eine VNW-Fachtagung mit Werksbesichtigung sowie eine Exkursion organisieren. Wohnen muss bezahlbar bleiben – das ist unser Anliegen. Daher werden die Verbandsunternehmen und der VNW alles daran setzen, mit innovativen Konzepten bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten – ohne den Anspruch an Qualität, Klimaschutz, Stadtbild und sozialer Durchmischung aus den Augen zu verlieren.
Andreas Breitner, VNW-Verbandsdirektor