VNW-Direktor: Hoch und höher
1. Hochhäuser bieten viel Platz für Wohnungen und begrenzen zugleich den Flächenbedarf.
2. Norddeutsche Bundesländer sollte die planerischen Voraussetzungen für den Bau schaffen.
3. Allerdings dürfen Hochhäuser keine Billigbauten sein und bedürfen einer sozialen Infrastruktur.
47/2024
Rostock. Der Bau von Hochhäusern mit bezahlbaren Wohnungen kann nach den Worten von Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), helfen, die Wohnungsnot in besonders nachgefragten Städten zu mildern und zugleich dem Nachhaltigkeitsanspruch von Wohnquartieren gerecht werden.
„Wir sollten auch bei der Höhe von Wohngebäuden ‚grüner denken‘ und – zumindest punktuell - wieder höher bauen“, sagte der VNW-Direktor am Wochenende am Rande eines Richtfestes der Wohnungsgenossenschaft Schiffahrt-Hafen Rostock eG. „In nachgefragten Quartieren können Gebäude mit acht bis zwölf Stockwerken helfen, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu beseitigen. Zudem sind höhere Gebäude nachhaltiger.“
Die WG Schiffahrt-Hafen Rostock eG feierte am vergangenen Freitag Richtfest eines Hochhauses im Quartier Brecht Park. Das Gebäude umfasst 62 Wohneinheiten und eine gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss. Im 1. und 2. Obergeschoss befinden sich 20 Seniorenappartements. Weitere Wohnungen liegen in den Stockwerken 3 bis 11. Im Erdgeschoss ist ein Backshop geplant, der zur Nahversorgung der Bewohner beitragen wird.
„Auch wenn die Kosten für das Gebäude bei einem zweistelligen Millionenbetrag liegen und eine große finanzielle Kraftanstrengung für die Genossenschaft bedeuten: dieses Gebäude ist ein Beispiel, wie soziale Vermieter erfolgreich die aktuellen Herausforderungen des Wohnungsbaus meistern können“, sagte Andreas Breitner. „Ich plädiere für eine Renaissance höherer Gebäude. Die norddeutschen Bundesländer sollten die baurechtlichen und -planerischen Voraussetzungen dafür schaffen.“
Gegen die Versiegelung von unbebautem Boden
Höhere Gebäude ermöglichten ein Nebeneinander von verdichtetem Wohnen und Klimaschutz, so der Verbandsdirektor. „Mancher Stadtbewohner sorgt sich zurecht vor einem Verlust von Grünflächen. Mit höheren Wohnbauten könnte man dieser Sorge Rechnung tragen und den Flächenbedarf begrenzen. Zudem müssten nicht – wie bei neuen Einfamilienhausgebieten – zusätzlich Straßen, Bushaltestellen oder andere Infrastruktur errichtet werden.“
VNW-Direktor Andreas Breitner wies darauf hin, dass in Deutschland täglich rund 56 Hektar unbebauten Bodens in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewidmet werden. „Damit sind wir weit vom Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung entfernt, bis zum Jahr 2030 den Verbrauch Fläche auf weniger als 30 Hektar pro Tag zu senken.“
Keine Billigbauten
Es sei klar, dass auf Grund von Fehlern in der jüngeren Vergangenheit Hochhäuser derzeit nicht den besten Ruf hätten, sagte Andreas Breitner weiter. „Das liegt in der Regel an einer falschen Stadtplanung und einer vernachlässigten Quartiersentwicklung. Wer Quartiere mit höheren Wohngebäuden plant, die soziale Infrastruktur vergisst und am Ende die U-Bahnlinie streicht, der darf sich nicht wundern, wenn sich dort Probleme häufen.“
Höhere Wohngebäude - das belege das Projekt in Rostock anschaulich - dürften keine Billigbauten sein, so Breitner. „Vielmehr gehört neben einer guten Bauqualität soziale Infrastruktur dazu. In den Wohnungen sollen die Menschen auch in 30 oder 40 Jahren noch gern leben wollen. Hochhäuser könnten in angesagten Städten wie Kiel, Lübeck, Hamburg, Greifswald oder Rostock für ausreichend bezahlbarer Wohnraum sorgen, ohne dass diese Städte ihre besondere Ausstrahlung und ihren Lebenswert verlieren. Quer denken und auch wieder hoch bauen.“
Das Projekt der WG Schiffahrt-Hafen Rostock eG wird vom Land Mecklenburg-Vorpommern mit rund 1,38 Millionen Euro gefördert. Die Fertigstellung ist für den Sommer kommenden Jahres geplant.
02/06/2024